Kategorie: Gedankenmitschnitt

  • „Gestärkte Ränder“? – Warum diese Behauptung problematisch ist

    Früher wurde oft die sogenannte „Hufeisentheorie“ bemüht, wenn es darum ging, sehr linke und sehr rechte Positionen gleichzusetzen. Seit der Bundestagswahl 2025 höre ich immer häufiger das Wording „die Ränder sind gestärkt“.

    Das halte ich für problematisch. Wieder einmal kommt hier eine bewährte rhetorische Technik zum Einsatz, um „links“ und „rechts“ als gleichwertige Extreme zu klassifizieren, obwohl sie sich inhaltlich und historisch grundlegend unterscheiden. Ein Vergleich der betroffenen Parteien, insbesondere „Die Linke“ und der AfD, macht schnell deutlich: Eine Gleichsetzung hinkt gewaltig.

    Vielleicht vorab: selbstverständlich lehne ich Extremismus in jeder Form ab. Das gilt für jegliche politische Strömung. Und ja, auch die Linke hat in bestimmten Fragen dringenden Nachholbedarf, sei es ihr Verhältnis zur NATO, das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine oder antisemitische Tendenzen in den eigenen Reihen. Doch die Behauptung, man könne „links“ und „rechts“ gleichermaßen als extremistisch an den Rand drängen, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar.

    Die Linke steht in meinen Augen fester in der Mitte der Gesellschaft als viele andere Parteien. Sie setzt sich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein und verfolgt das Ziel, Armut zu bekämpfen sowie den gesellschaftlichen Wohlstand gerechter zu verteilen – ein Gedanke, der früher beinahe als sozialdemokratisches Ideal galt. Zudem sollte ein wehrhafter Antifaschismus angesichts der deutschen Geschichte selbstverständlich sein.

    Ich spare mir an dieser Stelle die Argumentation, warum die AfD meiner Meinung nach rechtsextremistisch ist. Einerseits, weil es überall nachlesbar ist, andererseits, um diesen (meiner Meinung nach) gefährlichen, antidemokratischen Tendenzen nicht noch mehr Raum zu geben. Ich glaube aus diesem Blog-Eintrag wird deutlich, dass ich FÜR etwas stehe – die Diskussion soll ja stets lösungsorientiert sein, gell?!

    Zurück zur Ursprungsfrage: Wenn also von „gestärkten Rändern“ gesprochen wird, müssen wir uns fragen, ob diese Gleichsetzung wirklich der Realität entspricht oder ob sie vielmehr eine Strategie ist, um progressive politische Bewegungen zu delegitimieren. Denn während rechtsradikale Ideologien die Demokratie und ihre Grundwerte infrage stellen, stehen linke Bewegungen traditionell für soziale Gerechtigkeit und den Schutz demokratischer Prinzipien. Diese Unterschiede dürfen nicht verwischt werden. (Liebe Medien, das geht vor allem an diejenigen von euch, die das Narrativ „gestärkte Ränder“ immer und immer wieder aufnehmen!)

    Bis bald. Tschöö.

  • Die überfordernde Gleichzeitigkeit von allem

    Es ist diese ungreifbare Gleichzeitigkeit von allem, die mir zu schaffen macht.

    Der Ukraine-Krieg, der Terror im Gaza-Streifen und Israel, berufliches Hin- und Her, das bald beginnende Studium, überhübsche Insta-Influencer-Boys, denen man nacheifert einem aber nur ein schlechtes Gewissen machen, die Klimakatastrophe, die Vorbereitungen für unsere Hochzeit, die FOMO, wenn man mal nicht auf einer Party von Freunden dabei war, die Wahlen in Thüringen und Sachsen, die Rückkehr des Faschismus in Deutschland und Europa, dass ich zuviel wiege (und hoffentlich trotzdem in den Hochzeitsanzug passe), die Sorge darum, kein sinnerfülltes Leben zu führen, der dritte Weg in Plauen und ach ganz nebenbei: die Sorge um ein halbwegs anständiges Leben im Alter auch ohne staatliche Rente.

    All das passiert gleichzeitig und frisst mentale Ressourcen. Da nicht durchzudrehen – wie machen das alle?! Ach was … tut man sowieso nicht. Ich gehe jetzt einfach – wie jeden Tag – Tagesschau gucken.

    Bis bald. Tschöö.

  • Treibt es bunt! Seid crazy!

    Boah, um herauszufinden, wie langweilig unsere Gesellschaft ist, muss man nur einen Blick in die Fußgängerzone werfen. Alle haben sie schwarze, graue oder zumindest – wie sagt man so schön – „dezente“ Kleidung an. Kaum einer traut sich an Farbe heran oder wagt es, wahrscheinlich des Mainstreams wegen, stylisch mal komplett aus der aktuellen Mode auszusteigen.

    Keine Ahnung, ob es an so einer Art Schwarmintelligenz liegt, dass wir diesen Einheitsbrei eben „schön“ finden oder ob es tatsächlich in unserer Gesellschaft so ist, dass man verdammt nochmal lieber nicht aus der Reihe tanzen sollte. Normal sein. Langweilig eben. Und das auf dem Land noch viel mehr als in einer Großstadt wie Leipzig.

    Am liebsten sind mir ja die ganzen Instagram-Bekanntschaften, die immer mit clickbaitähnlichen Unterschriften wie „wir crazy Mädels“ versuchen, ihren Besuch in einer Cocktailbar abzufeiern. Kleiner Tipp: wer schreibt, dass er crazy ist, ist ganz sicher eins nicht: nämlich crazy! Zurück in der „realen Welt“ angekommen versinken sie dann wieder in der bedeutungslosen, angepassten Masse.

    Wie ich auf dieses Thema komme, hat niemand gefragt? Gestern waren mein Freund und ich auf einem Konzert der Band „Bilderbuch“ – ein Träumchen, sage ich euch. Habe lange nicht mehr so ein gutes Konzert erlebt! Die Leute, die sich das Konzert angesehen haben, waren all das, was ich oben beschreibe, nicht! Unangepasste, dünne, dicke, rothaarige, blauhaarige, extravagente Brillenträger, also von mir aus „Hipster“, die sich offensichtlich keine Sorgen darüber machen, was die Anderen von ihnen denken mögen. (Oder vielleicht doch und gerade deshalb so ausgefallen gekleidet sind.)

    Wie auch immer. Mein Appell an euch ist: treibt es bunt, seid von mir aus crazy, aber dafür richtig und nicht nur aus Prestigegründen. Eine Welt voller einzigartiger Charaktere, die so sind und so aussehen, wie sie gerne möchten, ist mir allemal lieber, als diese schwarz-graue Einheitsmasse, die keine eigene Meinung hat.

    Bis bald. Tschöö.

  • Instafame fürn Arsch!

    Vor einiger Zeit hat mal ein Instagramer mit gefühlt zehntausend Followern ein paar Tellonym-Fragen veröffentlicht. Eine davon war, ob er noch single sei. Er bejahte. Die Nachfrage war, wie das denn überhaupt sein könne bei seinem „geilen Aussehen“. Er antwortete überraschend ehrlich und gab zu, dass Instagram nicht sein wahres, sondern nur sein perfektes Ich abbildet. In der Realität fühlt er sich oft sehr einsam, unsicher und weiß mit sich nichts anzufangen. Das fand ich tatsächlich eine sehr mutige Aussage und andererseits sehr bezeichnend für diese ganzen „Influencer“ auf Instagram und Co, die am Ende zwar etwas Geld mit ihrem Account scheffeln, deren Leben aber in Wirklichkeit wahrscheinlich meistens ganz anders und viel weniger perfekt aussieht als die Darstellung, die man von ihnen online findet. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, unter welchen Druck diese Leute stehen, immer perfekt sein zu müssen.

    Dieser Eintrag sollte ursprünglich ein Kommentar unter diesen Blogeintrag von Kevin werden.
    Vielen Dank für die Anregung. Du hast in vielen Dingen so recht!

    Bis bald. Tschöö.

  • Das ESC-Gefühl

    Der Eurovision-Songcontest ist viel mehr als ein Gesangswettbewerb. Er verbindet Nationen, ist ein Lebensgefühl und nicht zuletzt ziemlich schwul. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich früher nicht bis zur Entscheidung wach bleiben durfte. In unserem kleinen Gartenhaus mit einer wirklich schlechten Satellitenverbindung schauten meine Eltern im Wohnzimmer und auch ich konnte aufgrund des Großereignisses nicht einschlafen und lauschte den Klängen des Nebenzimmers, dass nur durch einen Vorhang abgetrennt war. Guildo Horn? Oh nein. Und der glitzernde Stefan Raab? Peinlich! Dennoch alles Kult!

    Trotz der jahrelangen schlechten Bilanz für Deutschland verlor man nicht die Lust am Schauen. Echte ESC-Fans sind treu. Und spätestens seit Lena ist auch jeder Durchschnittsfernsehschauer wieder voll dabei. Dieses Jahr macht (trotz Abwesenheit ProSiebens) sogar der Vorentscheid Freude, weil das Ganze von der großartigen Anke Engelke moderiert wird. Alle Jahre wieder … ein tolles Fernseherlebnis.

    Achja: mein Liebling dieses Jahr ist Mia Diekow. Auch wenn sie mit aller Wahrscheinlichkeit nicht nach Malmö fahren wird.

    Bis bald. Tschöö.